PUR-Mischkopf zur Verarbeitung von Polyurethan

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Ein PUR-Mischkopf (auch PU-Mischkopf) dient zur Herstellung und Verarbeitung von Polyurethan. Er stellt das Kernstück einer PUR-Anlage dar.

In diesem Skript wird beschrieben wie ein PU-Mischkopf funktioniert, was er macht und welche Arten existieren. Um die Funktion des Mischkopfs zu verstehen, sehen wir uns aber zunächst an, was Polyurethan überhaupt ist.

Was ist PUR / Polyurethan?

Polyurethan (Kurzzeichen: PUR bzw. PU) ist ein Kunststoff, der aus der Polyadditionsreaktion flüssiger Di- oder Polyisocyanate mit Polyether- oder Polyesterpolyolen entsteht (bzw. Isocyanat und Polyol). Charakteristisch für PUR ist die Urethan-Gruppe.

Je nach Vernetzungsgrad und Engmaschigkeit der Vernetzung kann Polyurethan ein Duroplast, Thermoplast oder auch Elastomer sein. Die Erscheinungsart von PU kann zudem die eines weichen oder harten Schaumstoffs sein, jedoch auch als feste Formmasse auftreten.

Verfahren zur Herstellung & Verarbeitung von PUR

Wie bereits beschrieben, entsteht Polyurethan aus der Reaktion von Polyol mit Isocyanat. Beide Chemikalien müssen miteinander vermischt werden, um zusammen zu einem Polyurethan zu reagieren. Wichtige Voraussetzungen sind dabei das richtige Mischungsverhältnis und die homogene Vermischung beider Komponenten.

Neben Polyol und Isocyanat werden häufig auch Zusatzstoffe hinzugemischt. Hierzu zählen Katalysatoren, Treibmittel-Kombinationen, Vernetzer, Farbmittel bzw. -pasten, Flammschutzmittel, Schaumstabilisatoren und Keimbildner.

Herstellung Polyurethan
Entstehung und Verarbeitung von PUR

Der Technik der Vermischung kommt eine hohe Bedeutung zu, da sich die beiden flüssigen Chemikalien grundsätzlich nur schwer vermischen lassen – ähnlich wie Wasser und Öl. Werden die Komponenten nicht ausreichend gut vermischt, kommt es zu keiner vollständigen Reaktion. Daher stellt der PU-Mischkopf das wichtigste und häufig auch das komplizierteste Element einer PU-Anlage dar.

PU-Anlage zur Herstellung von Polyurethan
PUR-Anlage zur Förderung und Dosierung von Polyol und Isocyanat (ohne Mischkopf)

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Beispiele für die Verarbeitung von PU zur Herstellung unterschiedlichster Bauteile sind das RIM-Verfahren und das LFI-Verfahren. Beide werden im Werkstofftechnik-Skript näher Vorgestellt.

PUR-Mischköpfe

Wie bereits beschrieben wird im PUR-Mischkopf Polyol und Isocyanat gleichmäßig vermischt, so dass aus diesem Reaktionsgemisch ein Polyurethan-Kunststoff entsteht. Bei der Technologie der PU-Mischköpfe unterscheidet man zwischen Niederdruck- und Hochdruck-Mischköpfen. Hieraus leitet sich auch die Unterscheidung zwischen dem Niederdruck- und Hochdruckverfahren ab, mit dem Polyurethan hergestellt werden kann.

Im Folgenden werden beide Verfahren bzw. beiden Arten des Mischkopfs beschrieben und die Vorteile und Nachteile des Niederdruck- und Hochdruck-Verfahrens aufgezeigt.

PU-Mischkopf für das Niederdruckverfahren

Wird PU im Niederdruckverfahren hergestellt, dann werden die Komponenten bei Drücken zwischen 3 und 40 bar in einem Niederdruckmischkopf vermischt. Beim Niederdruckverfahren wird die gewünschte homogene Vermischung jedoch nicht durch den Druck erreicht, sondern durch die Verwendung eines Mischelements, welches sich im Mischkopf befindet. Anders als beim Hochdruckverfahren, dient der Druck im Niederdruckverfahren in erster Linie zur Förderung des Materials.

Bei dem Mischelemente im PU-Mischkopf handelt es sich i.d.R. um Rührer, die – angetrieben durch einen Elektromotor – rotieren und hierdurch die Komponenten gleichmäßig vermischen. Neben den rotierenden Mischelementen existieren auch sogenannte Statikmischer. Diese Mischelemente bewegen sich nicht, sondern besitzen lediglich eine Geometrie, durch welche die Komponenten (Poly und Iso) während dem Durchlaufen der Mischkammer durchmischt werden.

Niederdruckmischkopf
Schnittdarstellung eines Niederdruckmischkopfs mit dynamischem Mischer

Da ein Niederdruckmischkopf im Gegensatz zu einem Hochdruckmischkopf nicht selbstreinigend ist, muss das jeweilige Mischelement regelmäßig gereinigt oder ausgetauscht werden.
Dies stellt einen Nachteil gegenüber der Hochdrucktechnik dar, da dieser Schritt zu einer Unterbrechung der Produktion führt.

Vorteile und Nachteile des Niederdruck-Mischkopfs

Vorteile:
- geringerer Anschaffungspreis für Maschinen
- auch niedrige Austragsmengen sind realisierbar
- geringeres Formteilgewicht

Nachteile:
- längere Reaktionszeit => größere Pufferstationen notwendig; Bauteile können nicht sofort weiterverarbeitet werden
- längere Zykluszeit, da Mischkopf gereinigt werden muss; Mischer müssen gewechselt oder gereinigt werden

PU-Mischkopf für das Hochdruckverfahren

Wird Polyurethan im Hochdruckverfahren hergestellt, müssen Polyol und Isocyanat, sowie gegebenenfalls diverse Zusatzstoffe, unter hohen Drücken (100 bis 200 bar) in der Mischkammer des PU-Mischkopfs vermischt werden. Die Vermischung erfolgt dabei durch die kinetische Energie des Materials, welche durch den hohen Druck der Vermischungspartner erzeugt wird. Daher benötigen Hochdruck-Mischköpf keine Mischelemente (wie Rührer oder Statikmischer). Der Hohe Druck im Mischkopf wird durch die Kombination von einer Hochdruckpumpe und einer Düse realisiert. Die Düse sitzt direkt im Mischkopf vor der Mischkammer.

In den folgenden Grafiken ist ein HD-Mischkopf für Polyurethan dargestellt. Hier handelt es sich um einen Linear-Mischkopf mit Steuerkolben. Der Steuerkolben trennt die beiden Reaktionspartner Polyol und Isocyanat. Er wird Hydraulisch angesteuert und öffnet beim Auslösen der Hydraulik den Mischkopf.
Es gibt jedoch auch andere Ausführungen für einen Hochdruckmischkopf.

PU Hochdruck-Mischkopf
Hochdruck-MIischkopf zur Herstellung von Polyurethan

Bei PU-Mischkopf in dieser Bauart können die Chemikalien kontinuierlich über die Umsteuernuten im Steuerkolben zirkulieren. Somit kommt es nie zu einem Stillstehen der Chemikalien.
Die Zirkulation über die Umsteuernuten ist in der Grafik unten dargestellt.

PU-Mischkopf - Zirkulation von Polyol und Isocyanat
Zirkulation von Polyol (Grün) und Isocyanat (Orange) über die Umsteuernuten des Steuerkolbens

Wird der Steuerkolben zurückgefahren, wird der Weg für das Polyol und Isocyanat in die Mischkammer geöffnet. Dort prallen beiden Reaktionspartner aufeinander und vermischen sich aufgrund der hohen kinetischen Energie, die durch die Verdüsung entsteht. Das reaktive Gemisch tritt durch die Öffnung (Auslaufrohr) des Mischkopfs aus und beginnt zu einem Polyurethan zu reagieren. Man spricht hier auch von einem Schuss.

Vermischung von Polyol und Isocyanat im Mischkopf
Vermischung von Polyol und Isocyanat in der Mischkammer des HD-Mischkopfs

Bei der Herstellung von Polyurethan im Hochdruckverfahren werden außerdem spezielle PUR-Systeme verwendet, die für die Vermischung unter hohem Druck entwickelt wurden. Die Reaktion der Chemikalien verläuft dabei besonders schnell, was einen großen Vorteil der HD-Technologie darstellt. Zudem sind die Hochdruck-Mischköpfe i.d.R. selbstreinigend und somit besonders wartungsfreundlich.

Vorteile Hochdruckverfahren:

  • schnellere Reaktion, somit geringere Trockenzeit => reduzierte Pufferstationen
  • geringerer Wartungsaufwand, da Mischkopf selbstreinigend

Nachteile Hochdruckverfahren:

  • Höhere Kosten für die Anschaffung der Dosiermaschine
  • sehr geringe Austragsleistungen (ca. unter 5g/s) sind nicht realisierbar (wg. schlechter Vermischung)